Keine Pannen mehr!

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zur Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz.

Ob in Sachsen-Anhalt, Thüringen oder bundesweit: Ja, der Verfassungsschutz sollte die gesamte AfD als Verdachtsfall einstufen und beobachten. Über die letzten Jahre haben Teile der Partei alles dafür getan, diesen Status zu rechtfertigen. Dass der Verfassungsschutz diesen Weg wohl einschlagen wird, weil er über die notwendigen Anhaltspunkte verfügt, ist richtig - und ein Schritt, der angesichts der jüngeren Vergangenheit des Bundesamts nicht selbstverständlich ist.

Verfassungsschutzpräsident Haldenwang hat geschafft, woran sein Vorgänger krachend scheiterte: den Rechtsextremismus als die größte Bedrohung für unsere Demokratie zu erkennen und entsprechend zu handeln. Für diese Erkenntnis bedurfte es nicht erst der Attentate von Hanau, Halle und Kassel. Umso wichtiger ist, dass der Verfassungsschutz jetzt mit der notwendigen Konsequenz gegen den parlamentarischen Arm der Rechtsextremisten vorgeht. Die AfD schürt seit Jahren verbal den Hass und trägt erhebliche moralische Mitverantwortung an der Gewalteskalation.

Der Verfassungsschutz muss seiner Aufgabe, die demokratische Grundordnung zu schützen, mit Sorgfalt und Disziplin nachkommen. Ermittlungspannen und dubiose Machenschaften, wie sie bei der Beobachtung des NSU alltäglich waren, würden das Vertrauen in die Institution endgültig ruinieren. Statt also auf neue Gesetze gegen den Hass zu pochen oder mit Meldepflichten die Verantwortung auf Plattformbetreiber abzuwälzen, müssen die Sicherheitsbehörden selbst an vorderster Front Informationen sammeln und auswerten. Schließlich sollte der Verfassungsschutz der Präventionsarbeit in der rechtsextremen Szene eine deutlich größere Rolle zukommen lassen. Wenn AfD-Politiker rhetorisch mit dem Feuer spielen, müssen die freiheitlich-demokratischen Institutionen konsequent die Brände löschen. Der Verfassungsschutz ist eine solche freiheitlich-demokratische Institution - das kann er jetzt einmal mehr beweisen.

Dieser Artikel erschien am 9. Februar 2021 erstmals im Handelsblatt.