Twitter: Löschung bedarf klarer Regelungen

Bei den Sperrungen und Löschungen von Accounts im Zusammenhang mit dem Angriff auf das Capitol haben die marktbeherrschenden Plattformen eine Reißleine nach jahrelangem Zögern und Lavieren gezogen.

Es ging einfach nicht mehr anders in einer Situation, die für die gewählten Repräsentanten in den USA zunehmend gefährlich, ja für manche sogar lebensgefährlich geworden ist.
Fünf Menschen sind bei diesem gewalttätigen Sturm auf das Herz der amerikanischen Demokratie gestorben. Hass, Häme, Beleidigungen, Diffamierungen und Lügen waren gerade die Demokraten seit dem Amtsantritt Donald Trump ausgesetzt, angestachelt und bedient vom Präsidenten selbst.

Erleichterung darüber, dass diesem Twitterwahn ein Ende gesetzt wurde, verbindet sich sofort mit den Bedenken, ob allein die Unternehmen nach ihren eigenen Standards entscheiden dürfen. Stehen da Wirtschaftsinteressen nicht immer vor rechtsstaatlichen Aspekten? Oder wird nur auf öffentlichen Druck angesichts fallender Aktienkurse reagiert?

Es ist klar, dass die Löschung von Accounts ein tiefer Eingriff in die Teilnahme an der weltweiten digitalen Kommunikation ist. Das dürfen nicht nur die Unternehmen nach Stimmungslage entscheiden. Sie müssen Tweets sperren, die Fakes, Beleidigungen etc enthalten und dagegen muss sich ein Bürger wenden können. Eine Löschung bedarf klarer Regelungen und eines Beschwerdemanagements einer unabhängigen Institution und/oder der Justiz. Bei dem auf der Hand liegenden Verdacht, Mitverantwortung für Straftaten zu haben, muss schnell entschieden werden, von den Plattformbetreibern. Aber letztendlich entscheiden rechtsstaatlich legitimierte Institutionen.

In der EU soll mit dem Digital Services Act eine bessere rechtliche Grundlage zur Absicherung der Rechte der Nutzer und des effektiven Vorgehens beim Verdacht strafbaren Verhaltens geschaffen werden. Das ist die richtige Zielrichtung.

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