Offener Brief zur Mitgliederbefragung der FDP

Mitgliederbefragung der FDP - Offener Brief von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ehrenvorsitzende der FDP Bayern, Bundesministerin a.D., Martin Zeil, Staatsminister a.D. und Tobias Dutta, Landesvorsitzender der Jungen Liberalen in Bayern.

Niemand von uns leugnet die außerordentlich schwierige Situation, in der sich unsere Partei als Teil der jetzigen Regierung mit der SPD und den Grünen befindet, und wir kennen die Defizite der bisherigen Regierungsarbeit. Es geht aber nicht in erster Linie und allein um unsere Partei, sondern um unser Land in außergewöhnlichen Zeiten, in denen eine handlungsfähige Regierung anstatt parteipolitischen Gezerres um Neuwahlen dringend gebraucht werden.

1) Erfolge in der Regierung

Wir sind mi Dezember 2021 in die Ampelregierung eingetreten, weil angesichts des Versagens der Union keine andere Regierungsbildung möglich war und wri eine bessere Politik für Deutschland erreichen wollten. Das ist uns trotz extremer Herausforderungen, wie des russischen Angrifs auf die Ukraine, auch gelungen. Sieben Beispiele:

  • Stärkung der Bürgerrechte, auch durch eine Trendwende ni der Coronapolitik
  • Ratifizierung des Freihandelsabkommens CETA
  • Mehr Tempo für Infrastrukturausbau von Straßen über Brücken bis zur Schiene eingeschlossen das 49 Euro Ticket
  • Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit Punktesystem nach kanadischem Vorbild, Chancen-Aufenthaltsrecht,strengereKriterienfürEinbürgerung, Einleitung einer Asylwende z.B. durch schnellere Rückführungen
  • Entlastungen bei der Einkommen- und Lohnsteuer, der Stromsteuer und durch das Wachstumschancengesetz in Höhe von insgesamt 24 Milliarden Euro
  • Einhaltung der Schuldenbremse unter Beachtung des Urteils des
    Bundesverfassungsgerichts
  • Stabilisierung der Energiepreise und Unabhängigkeit von russischem Gas

2) Verantwortung vs. Parteipolitik

Wir sind seit 75 Jahren eine Partei, die gestalten will und Verantwortung übernimmt und damit in der Vergangenheit historische Weichenstellungen für Deutschland erkämpft hat, teilweise mit Existenzbedrohung der FDP. Krieg in Europa, Angriffe auf Israel, große wirtschaftspolitische Herausforderungen, Reformstau von acht Jahren Merkel-GroKo: In diesen schwierigen Zeiten verlässt eine Partei mit staatspolitischer Verantwortung nicht auf Grund schlechter Wahlen oder Umfragen eine Regierung und stürzt unser Land damit in die Führungslosigkeit.

Wir haben versprochen, das Land in der Mitte zu halten. Das gelingt uns auch und zeigt Wirkung: Die Inflation sinkt. Die Schuldenquote Deutschlands sinkt. Genau wie die Steuerbelastung der Menschen und Betriebe. Das alles riskieren wir, wenn wir nun aus parteitaktischen Gründen die Regierung verlassen und damit Neuwahlen mit unvorhersehbaren Folgen für die Regierbarkeit unseres Landes herbeiführen.

3) Aktuelle Lage

Das BVerfG-Urteil zur Schuldenbremse hat Klarheit geschaffen: Für den Bundeshaushalt 2024 mussten jetzt klare Entscheidungen getroffen werden.

Christian Lindner und die FDP haben erfolgreich dafür gekämpft, dass Staatsausgaben und Subventionen auf den Prüfstand gestellt werden, auch wenn einem nicht jede Einzelentscheidung gefallen muss. Diese Richtungsentscheidung für solide Finanzen ist nur möglich, wenn wir in der Regierung bleiben. Jede andere Beier die Steu Beterige - vermus deutie mehr Schulden

4) Fazit

Wir sind keine Partei, die vor der Verantwortung flieht. Und niemand mag Menschen, die vor der Verantwortung davonlaufen. Wenn die FDP nun erklären würde: Uns gefallen unsere Umfragen und Landtagswahlergebnisse nicht, deshalb verlassen wir die Regierung in schwieriger Zeit; wer soll uns dann bei einer Neuwahl noch wählen? Welches Wahlziel, welche Koalition sollen wir dann potentiellen Wählerinnen und Wählern in Aussicht stellen? Eine FDP, die sich gemütlich in der Opposition einrichten will und außer Kritik nichts zu bieten hat, ist auch für liberale Wählerinnen und Wähler uninteressant.

Deshalb unser Rat: Mit geradem Rückgrat für unsere Positionen einstehen, aber freiwillig das Feld räumen und von sich aus anderen ohne liberalen Kompass die Verantwortung überlassen? Nein!

Die Menschen wählen Parteien, die sich um ihre Probleme kümmern, nicht Parteien, die sich nur mit sich selbst beschäftigen.

Wir haben 2021 einen riesigen Modernisierungsstau vorgefunden. Wichtige Reformen konnten wir schon auf den Weg bringen. Viel ist aber auch noch zu tun: Von Bürokratieabbau und Digitalisierung bis zu besseren Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und dringend nötigen Reformen am Sozialstaat. Und natürlich muss die Ampel besser und professioneller werden - in der Art und Weise ihrer Entscheidungsfindung, Gesetzgebung und ihrer Kommunikation.

Das können wir aber nur erreichen, wenn wir zu unserer Verantwortung stehen, wenn wir fortgesetzt Erfolge in der Regierungsarbeit erzielen und wenn wir uns nicht auf Parteitaktik konzentrieren, sondern auf unsere inhaltlichen Ziele.

Deshalb bitten wir Sie: bewahren Sie als Mitglieder der FDP in dieser schwierigen Situation Haltung und stimmen Sie mit uns bei dieser Mitgliederbefragung mit "Nein".

Gezeichnet:
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ehrenvorsitzende der FDP Bayern, Bundesministerin a.D., Martin Zeil, Staatsminister a.D. und Tobias Dutta, Landesvorsitzender der Jungen Liberalen in Bayern.


Den offenen Brief finden Sie hier zum Download.